Burgruine als Steinbruch

Nach dem Brand wurde die Burgruine als Steinbruch verwendet. Steine von der Burg wurden bei der Erweiterung der Pfarrkirche St. Jakob in Lenggries und beim Bau des neuen Schlosses verwendet. Auch die hölzernen Stufen des Kalvarienbergs wurden durch Steinblöcke der alten Burg ersetzt.

Stich 1720 Diesel Burgruine Schloss Hohenburg
Stich von Diesel, 1720

Sichtbare Überreste

An verschiedenen Stellen sind noch Mauerreste der alten Hohenburg zu erkennen.
Weil sich die meisten Reste der Burgruine unter der Erde befinden und nur wenige Mauerreste noch aufragen, ist die Hohenburg zugleich Boden- und Baudenkmal.

Karte der Mauerreste
Übersicht über sichtbare Mauerreste und -verläufe (Blau = Mauerreste; Braun = Mauerverläufe; Rosa = begehbares Areal)
  1. Hohlweg, künstlich angelegt
  2. Schanze, zur vorgelagerten Verteidigung
  3. Unteres Tor
  4. Torstubengebäude (Wachstube, Kapelle, Gerichtstube, Archive)
  5. Kirchturm
  6. Althaus (alter Saal, Badestube, Bäckerei, Lager-Gewölbe, Roßstall, etc.)
  7. Waffenkammer (wahrscheinlich ein ehemaliger Wachturm nach Osten, Richtung Hirschbachtal und Tegernseer Tal)
  8. Kuhstall
  9. Palas (großer Saal, Herrschaftsräume)
  10. Bergfried

Die markantesten Mauerreste auf der Burgruine sind der Stumpf des Stübelturms und ein kleiner Sporn neben diesem. Aber beim genauen Hinsehen kann man noch viele weitere Überreste entdecken:

Hohlweg

Der Hohlweg wurde als Verteidigungsmaßnahme künstlich angelegt. Eine natürliche Entstehung des Grabens ist an dieser Stelle auszuschließen. Der Hohlweg ist leicht durch Verhaue oder Zäune versperrbar und bietet Verteidigern einen erhöhtern Stand über Angreifer.

Schanze

Zusätzlich zum Hohlweg wurde eine vorgelagerte Schanze angelegt. Von ihr aus kommen Verteidiger bis fast an die Wegkreuzung und haben möglichst lange einen erhöhten Stand über Angreifer.
Erhalten ist nur noch das Plateau eingefasst durch kleine Mauerreste an der Süd- und Westseite.

Unteres Tor und Zuweg

Uns ist ein „vorspringender Torkasten“ überliefert. Nach aktuellem Kenntnissstand dürfte der Felsvorsprung auf der rechten Seite kurz vor dem Burgplateau die Rückwand dieses Gebäudes darstellen. Das Gebäude war dementsprechend an die im rechten Winkel dazu verlaufende Felswand angebaut. Zwischen diesem „Torkasten“ und dem eigentlichen Tor zum Burghof hat sich dann ein kleiner Zwinger ergeben.
Unterhalb des Weges ist noch ein großes Stück der Stützmauer erhalten. Gut zu erkennen sind hier vor allem die Drainagen für den Abfluss von Regenwasser.

Nordmauer

Oberhalb des Felsvorsprungs ist von unten noch ein gut erhaltenes Stück der nördlichen Mauer zu sehen. Man kann erkennen, dass der rechte, gerade und höhere Teil aus streng lagerhaftem Mauerwerk besteht, während der linke, leicht gebogene Abschnitt weniger streng lagerhaft ist. Das deutet daraufhin, dass der linke Abschnitt jüngeren Datums ist.

Torstubengebäude und Kirchturm

Das erste Gebäude das man auf dem Burgplateau durchschreiten muss, um in den Burghof zu gelangen ist das Torstubengebäude. In diesem befand sich neben der Torwächterstube unter anderem der Gerichtsaal und die Archive, sowie die Kapelle an die ein runder Glockenturm angeschlossen war.
Im Nord-Osten dieses Gebäudes ist ein großes Stück abgerutscht.
Am Mauerwerk kann man erkennen, dass der östliche Teil des Gebäudes, bzw. zumindest die Außenmauer eines der ältesten Bestandteile der Burg sind, während vom westlichen Teil zumindest die Innenmauern wesentlich jünger sind.

Althaus

Das sogenannte Althaus war das größte Gebäude und dürfte neben dem Bergfried das älteste Gebäude der Burg gewesen sein. In diesem befanden sich Gewölbe zur Lagerung von Nahrungsmitteln, Ställe, Waschküche, mehrere Küchen, Kammern, Stuben und ein kleiner Saal.
Erhalten sind noch ein großes Stück der Südmauer mitsamt Mauerstütze, einige geradlinige Strukturen im Boden (erkennbar als Kanten und Dämme) und ein Schacht aus Tuffstein, der vermutlich zur Wäscheküche gehörte. Ein großer Teil des südseitigen Hangs ist bereits abgerutscht.

Ostflügel (Waffenkammer)

Vom Ostflügel ist uns nur ein rechteckiges Plateau, ca. ein Stockwerk tiefer als der Rest der Burg, mit wenigen erkennbaren Mauerresten erhalten. Die südliche Hälfte des Plateaus war nach aktuellem Kenntnisstand in früheren Zeiten ein Wachturm Richtung Hirschbachtal. Der Weg über den Sattel war eine wichtige Verbindung zum Tegerneer Tal.

Palas

Der Palas war der Westflügel der Anlage und schloss sich direkt an den Bergfried an. In ihm waren die herrschaftlichen Räume sowie ein großer Saal untergebracht. Hier ist das Feuer ausgebrochen, das die Burg letztendlich zerstört hat.
Erhalten sind drei ca. gleich große Terrassen von je ca. einer Stockwerkshöhe, sowie die entsprechenden Mauern. Am südwestlichen Ende sind noch Reste einer Mauerstütze aus mächtigen Quadern erhalten (schwer zugänglich). Der markanteste Überrest dieses Gebäudeteils ist der neben dem Bergfreid aufragende Mauersporn. Er wurde vom Verein an einer Seite ausgebessert, um den weiteren Verfall zu bremsen.

Bergfried

Als einziger noch aufragender Gebäuderest ist der Stumpf des Bergfrieds das markanteste Objekt auf der Burgruine. Er wird allerdings vor allem durch neugierige Besucher, die hinaufklettern, immer weiter abgetragen. (Bitte nicht nachmachen!) Für einen für Mauerwerk und Besucher gefahrlosen Blick ins Innere wurde extra eine Infotafel mit Foto neben dem Stumpf errichtet.
Die Außenschale ist komplett verschwunden, sodass von außen nur Füllmauerwerk zu sehen ist. Im Inneren erkennt man aber schön die streng lagerhafte Verarbeitung des Mauerwerks, sowie Ansätze eines Kreuzgewölbes.


Exkurs Mauerwerk

Die adeligen Bauherrn begannen um die Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert, ihre alten hölzernen Turmburgen entweder ganz zu beseitigen oder sie nach und nach durch steinerne Neubauten zu ersetzen. Denn eine Festung aus Stein war im Falle der Verteidigung eine erheblich solidere Angelegenheit als eine Holzburg. Reste von Steinbauten, die als Vorlagen dienten, fanden sich in allen Teilen des ehemaligen Römischen Reiches, also überall im südlicheren Europa.

Insbesondere den Germanischstämmigen fiel die Umstellung von Holz auf Stein nicht leicht. Steinkundige Handwerker gab es weit im Süden, aber die waren nicht leicht zu beschaffen und zudem teuer. Aber der Bau steinerner Burgen auf der Nordseite der Alpen war nicht aufzuhalten. Das zog die Entwicklung unterschiedlicher Mauertypen nach sich.

  1. Für die Inneneinteilung der Gebäude bevorzugte man dünne einschalige Mauern, die leicht und gegebenenfalls ohne Mörtel zu errichten waren. Das benötigte Stemm-Material konnte man aus gespaltenen Steinlagen gewinnen. Oder man lies mit in Wasser getauchten Holzkeilen Gestein platzen und schlug es auf geeignete Größe. In der Nähe der Hohenburg fand sich derartiges Gestein. Natürlich bedurfte eine solche Mauer auch sorgfältiger Arbeit mit Schnurgerüsten.
  2. Der wichtigere Mauertyp war das zweischalige Mauerwerk.
    • Hier legte man, vor allem bei höheren Mauern, mit Hilfe von Streckeneinteilung und rechtwinkligen oder gleichschenkligen Dreiecken Winkel und Höhen fest
    • Zwischen die äußere und innere Mauerschale kam Füllmaterial aus Bruchsteinen. Je nach Qualität des Mauerwerks konnten diese ohne Mörtel gelegt oder als Gussmauerwerk mit Mörtel eingefügt werden. Meistens warf man das Füllgut einfach hinein..

Welche Folgen solche Lässigkeit haben kann, zeigte sich vor einigen Jahren bei der Sanierung der Münchener Kammerspiele. Dort hatte man beim Bau vor fast einhundert Jahren sogar Kartonreste und Holz in das zweischalige Mauerwerk hineingeworfen, wodurch die Sanierung um rund 50 Millionen Euro verteuert wurde.

Die Dicke der zweischaligen Mauern richtete sich nach ihrer jeweiligen Bestimmung. Genau lässt sich das bei der Burgruine Hohenwaldeck am Schliersee verfolgen. Dort sind die wichtigen Außenmauern einen Meter und mehr dick.
In Lenggries können wir auf der Hohenburg das nur noch ansatzweise an einigen Stellen verfolgen, am deutlichsten am Bergfried, wo die Mauern sehr stark sind. Hier mussten sie Gewölbedecken tragen.

Beim nach und nach erfolgenden weiteren Ausbau und der Vergrößerung des Burgschlosses mussten immer wieder qualifizierte und damit teure Baufachleute nach Lenggries gerufen werden. Die hofmarkeigenen Hörigen und die weiteren von der Burgherrschaft abhängigen Talbewohner konnten beim Burgbau allenfalls Hilfsdienste leisten.

Quellen: Bode/Losse/Zeune

Lagensprung: Überspringen einer Lagerfuge durch größere Steine. Oft gehen zwei oder mehrere Lagen in eine einzelne über.
Nonne: Einzelner hochkant gestellter Quader der verhindert, dass zwei Stoßfugen genau übereinander liegen.
Rolllage: Gruppe von hochkant gestellten Quadern.
Opus Spictatum: Lage aus schräggestellten Platten. Die Richtung wird von Lage zu Lage gewechselt.
Auszwickelung: Kleine Steine die innerhalb des Mauergefüges Fehlstellen und Lücken ausfüllen.

Mauerwerksveränderung im Laufe der Zeit

Bei Mauerwerken verlief die Entwicklung anders als man erwarten würde: Die ältesten Mauern sind sehr hochwertig, handwerklich perfekt und aufwendig, während die jüngeren immer einfacher und gröber werden. Somit kann auf Grund der Beschaffenheit von Mauern ihr grober Erbauungszeitraum ermittelt werden. Der Bergfried der Hohenburg stammt dementsprechend z.B. aus der ersten Hälfte des 13. Jhdt., die Schanze hingegen wurde frühestens gegen Ende des 14. Jhdt. gebaut.

11./12. Jahrhundert

Bis zum Ende des 12. Jahrhunderts überwiegt lagerhaftes bis streng lagiges Schichtmauerwerk in zwei Ausprägungen: Quadermauerwerk und quaderhaftes Bruchsteinmauerwerk. Jeder einzelne Stein wird auf allen 6 Seiten zu einem Quader geglättet oder zumindest quaderähnlich behauen.

Fast immer kommen Lagensprünge vor. Teilweise erscheinen Ketten von hochgestellten (Rollagen) oder schräggestellten (Opus Spicatum) plattigen Steinen. Auch laufen manchmal zwei Lagen in eine etwas größerformatige über.

Das Füllmauerwerk wird Lage für Lage mitgemauert. Es besteht überwiegend aus qualitativ minderem Material und wurde Schicht für Schicht jeweils mit Mörtel übergossen.

Mauerwerk dieser Zeit blieb sichtbar und wurde nicht verputzt.

Frühes 13. Jahrhundert

Ab 1200 entwickelt sich das Quadermauerwerk hin zum Bruchsteinmauerwerk. Anfangs wird noch streng lagig gearbeitet und die Ecken betont. Charakteristisch sind quaderhafte bis würfelige Bruchsteine, die auf der Außenseite einigermaßen glatt sind und in zwei oder mehr Lagen auf größere Eckquader zulaufen. Vereinzelt werden Zwickelsteine genutzt, um die Löcher zwischen den unregelmäßigen Steinen auszufüllen. Am Füllmauerwerk sind die einzelnen Lagen, anhand eindeutiger Schichten, ebenfalls gut erkennbar.

Die Fugen werden größer.

Spätes 13. Jahrhundert

Die Lagerhaftigkeit löst sich in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts immer weiter auf. Es entsteht das Kompartimentmauerwerk, das aus Bruchsteinmauerwerk mit niedrigen, durchgehenden Ausgleichslagen von 40 – 60 cm Höhe besteht. Anfangs werden vor allem horizontale, plattige Schichten, sogenannte Durchschießer, als Ausgleichslagen eingefügt und / oder eine dickere Mörtelschicht eingezogen.

Zwischen den Ausgleichslagen haben die Steine unterschiedliche Größen und Formen, sodass immer mehr Zwickelsteine verwendet werden müssen. Oft werden Ecken mit quaderhaft behauenen Ecksteinen aus einem leicht zu bearbeitenden Material, z.B.: Tuffstein, ausgeprägt. Das Kompartimentmauerwerk wurde nicht mehr auf Sicht gearbeitet, sondern wurde verputzt.

14. Jahrhundert

Das Kompartimentmauerwerk löst sich langsam auf. Anfangs wird noch mit Ausgleichslagen in Abständen von ca. 1 m gearbeitet, die oft nicht durchgängig sind. Später verschwinden diese ganz und werden durch flächiges und dafür stärker ausgezwickeltes Bruchsteinmauerwerk, sogenanntes Zwickelmauerwerk, ersetzt. Als Gliederungselemente dienen weiterhin betonte Eckquader. Es tauchen jetzt Ziegel und Ziegelstücke im Füllmauerwerk und als Auszwickelung auf. Dieses Mauerwerk wird von Anfang an für Verputz ausgelegt worden sein, um die Mischung unterschiedlichster Materialen und Größen zu kaschieren.

Ab 15. Jahrhundert

Ab dem zweiten Viertel des 15. Jahrhundert entwickelt sich das Zwickelmauerwerk zum Netzmauerwerk, bei dem sehr große, nur an der Außenseite grob geglättete Steine durch ein Netz von vielen kleinen Zwickelsteinen fixiert werden. Eckquader kommen kaum noch zum Einsatz. Ecken werden eher durch besonders große, lange Steine gebildet. Netzmauerwerk ist vor allem an der außenliegenden Seite von Befestigungen wie Toranlagen, Bastionen und Türmen zu finden und könnte daher eine Antwort auf die sich entwickelnde Artillerietechnik sein.

Weiterführende Informationen mit vielen Beispielen: Burgenseite.com (Menüpunkt: Mauerwerk)

Fries, Oliver (2018): Entwicklung des hochmittelalterlichen Mauerwerks am Beispiel der Wachau und des südlichen Waldviertels – Regionale Tendenzen und überregionale Entwicklungen.

Kühtreiber, Thomas (2005): Handwerksgeschichtliche und ideologische Aspekte mittelalterlichen Mauerwerks am Beispiel Ostösterreichs.